Der Rhein-Erft-Kreis – das heißt für mich „Back to the roots“. Denn dort am westlichen Stadtrand von Köln bin ich aufgewachsen. Dort habe ich bis vor elf Jahren gelebt. Und dort fühle ich mich immer noch zu Hause. Deshalb führt mich meine Reise vor die Haustür im Rahmen der Blogparade von 1 THING TO DO, dem Blog von John und Marc, zurück in meine Heimatregion. Mitnehmen möchte ich auf das Marienfeld, ein großes Ackergelände, das auf dem ehemaligen Braunkohletagebau Frechen entstanden ist.
Die Welt zu Gast auf dem Marienfeld im Rhein-Erft-Kreis
Vielleicht fragt ihr euch, was am Marienfeld im Rhein-Erft-Kreis so besonders sein soll? Wenn du jetzt die Fotos siehst oder sogar vor Ort bist und zwischen den Feldern oder zum See spazieren gehst, kannst du es dir heute kaum vorstellen: Aber im Jahr 2005 tummelten sich genau dort 1,2 Millionen Menschen aus aller Welt. Denn damals fand auf dem Marienfeld der Abschluss des Weltjugendtags statt. Den ganzen Tag über zogen junge Leute aus vielen Ländern Europas, aus Nord- und Südamerika, aus Asien und Afrika singend hin zu ihren vorgesehenen Plätzen, wo sie dann die Nacht zwischen Abendgebet und Abschlussmesse verbracht haben. Ein tolles Erlebnis – für mich als Beobachterin am Rand genauso wie für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
Inzwischen werden die Äckern längst wieder von Landwirten genutzt. Ein Bereich des Marienfeldes erinnert aber weiterhin an den Weltjugendtag 2005: der sogenannte Papsthügel. Weithin sichtbar ragt er aus den Feldern heraus. Gut zu erkennen ist auch das Holzkreuz in seiner Mitte. Auf diesem Hügel zelebrierte damals Papst Benedikt XVI das Abendgebet und die abschließende Messe für die Teilnehmer aus aller Welt. Heute kannst du auf den Papsthügel wandern. Informationstafeln, der Altar und eine Marienkapelle erinnern an das Großereignis von 2005.
Das Marienfeld im Rhein-Erft-Kreis ist übrigens Teil des nordrheinischen Jakobswegs von Wuppertal über Köln in Richtung Aachen. Außerdem führt dort der kurze Quirinus-Rundwanderweg sowie der Kirchenwanderweg vorbei.
Wein vom Marienhang
Aber nicht nur geistliches findet auf dem Gelände des ehemaligen Braunkohletagebaus seinen Platz. Auch sehr weltliche Genüsse haben dort ihren Ursprung. Seit mehr als 20 Jahren bauen am Marienhang vier Winzerfamilien Wein an. Mit viel Liebe hegen und pflegen sie ihren Weinberg. Immerhin etwa 400 Flaschen erzeugen sie daraus, wenn alles klappt. Zu kaufen ist der Grefrather Marientropfen allerdings nicht. Dafür ist der Ertrag zu gering. Wer Glück hat, kommt zu besonderen Gelegenheiten jedoch in den Genuss und erhält eine der raren Flasche. Und ich muss sagen: Ich war überrascht, wie gut der Wein schmeckt.
Bis vor einigen Jahren veranstalteten die Winzerfamilien im Herbst ihr alljährliches Weinfest am Marienhang. Wegen des inzwischen aber höheren Alters der Aktiven und mangels Nachwuchs mussten sie diese Tradition vor einiger Zeit leider einstellen.
Der Ursprung des Marienfelds: Grefrath und Bottenbroich – abgebaggert und umgesiedelt
Was heute aber als Marienfeld im Rhein-Erft-Kreis so idyllisch daher kommt und zu ausgedehnten Spaziergängen und Radtouren zwischen den Feldern einlädt, hat auch eine Industriegeschichte. Denn dort wurde etwas über 30 Jahre Braunkohle abgebaut. Gut erinnere ich mich noch an die Geräuschkulisse des quietschenden Stahls der riesigen Bagger, die während meiner Kindheit vor allem abends und in der Nacht zu hören war. Oder später an das Rattern der Züge, ihr Hupen und die zuschlagenden Waggonklappen, wenn sie das Erdreich abgeladen hatten, das für das Verfüllen der Grube und deren Rekultivierung benötigt wurde. Nur so konnte schließlich wieder eine Landschaft mit blühenden Bäumen, gepflegten Äckern und sogar einem See entstehen.
Nicht ganz so aber vielleicht doch ein wenig ähnlich hat es vielleicht auch vorher dort ausgesehen. Was ich natürlich auch nur noch von Fotos kenne, ist in der Erinnerung meiner Eltern noch sehr lebendig. Denn wo damals der Braunkohletagebau entstand, waren vorher zwei Dörfer, die umgesiedelt wurden: Grefrath und Bottenbroich. Hinweistafeln und Gedenksteine erinnern heute daran, wo sich die beiden Orte und deren Kirche befanden.
An dieser Stelle schließt sich nun der Kreis. Denn das Marienfeld im Rhein-Erft-Kreis erhielt seinen Namen vor dem Hintergrund der Geschichte. Immerhin ist der Standort – oder genauer die beiden Orte Grefrath und Bottenbroich mit ihrer Kirche – bereits seit mehr als 500 Jahren Marien-Wallfahrtsort.
Gerne habe ich diese Reise vor die Haustür „Back to the roots“ unternommen. Denn welche Geschichte die – alte – Heimat hat, geht doch oft unter bei allem, was es in anderen Regionen zu entdecken gibt. Wie sieht es bei euch aus? Habt ihr auch eine Geschichte „Back to the roots“? Schreibt mir dazu in den Kommentaren. Ich freue mich und bin gespannt.
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